Werkschau 2014 – BARTON FINK (1991)

Die meisten von euch wissen es. Für neue Leser und die die es noch nicht wissen – ich veranstalte dieses Jahr meine erste Werkschau. Das heißt ich werde mir möglichst jeden Film von Ethan und Joel Coen zu Gemüte führen und werde am Ende sehr viel schlauer und glücklicher sein als ich es im Moment noch bin. Die Liste der Filme und den Fortschritt könnt ihr euch jederzeit ansehen – Linke Spalte – RUBRIKEN – Werkschau 2014.

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Ethan und Joel Coen Update

„Keine Twists, keine Action, keine Monster – Nur Menschen und ihr verrückter Alltag.“ … hatte ich bei meiner letzten Besprechung zur WERKSCHAU geschrieben. Barton Fink ist allerdings etwas anders, und somit auch anders als die Coen-Filme die ich bisher besprochen habe. Hier gab es tatsächlich den Twist und sogar einen Mord. Den gab es zwar in Fargo auch, aber der hier war anders. Drehbuchautor Barton Fink (John Turturro) ist allerdings eine typischen Coen-Figur. Ein Mann mit Potenzial, der sich ungeschickt anstellt und sich somit selbst im Weg steht. Ein begabter Loser sozusagen. Einer wie Llewyn Davis und Larry Gopnik.

Barton Fink

Vor langer, langer Zeit habe ich Barton Fink das erste mal gesehen, ohne dass mir bewusst war wer ihn erschaffen hat, ohne dass ich mich im Allgemeinen für den tieferen Sinn des Filmemachens interessiert habe. Ich habe ihn gesehen in einer Zeit in der ich nicht einmal vermutet hatte, dass ich irgendwann über Filme schreiben würde, geschweige denn mich mit ihnen und ihrem Hintergrund näher beschäftigen würde. Und ich mochte ihn damals schon, sogar sehr. Und nun, viele Jahre Später, vielleicht sogar so um die 20, (ich kann es nicht genau sagen) habe ich die Handlung, die Stimmung und die Figuren des Films wieder frisch im Gedächtnis und kann mir erneut eine Meinung bilden. Außerdem besitze ich mittlerweile sogar die Fähigkeit etwas mehr über die Arbeit der wunderbaren Coen-Brüder sagen zu können, denn ich bin jetzt tatsächlich schon sehr viel schlauer, als ich es zu Anfang des Jahres war.

Es geht um

Barton Fink (John Turturro), einen New Yorker Bühnenautor der durch ein erfolgreiches Theaterstück nach Hollywood geladen wird um das Drehbuch für einen Catcher-Film zu schreiben. Während er sich am Drehbuch versucht, in einem nicht Hollywood-likem Hotelzimmer, lernt er Charlie Meadows (John Goodman) kennen, seinen Zimmernachbarn. Da Charlie der nette Kerl von nebenan zu sein scheint, findet Fink in ihm sofort einen Freund in der sonst nicht so sehr lebens- und liebenswerten Stadt der Engel. Dieser Film erzählt uns sehr überspitzt die Geschichte über die Skrupellosigkeit und den Kommerzzwang der Filmbranche in Hollywood.

Mein Fazit

Auffällig und gleichzeitig sehr ansprechend ist wieder die Atmosphäre. Einer der wiederkehrenden Bausteine des Coen’schen Films. Wir sind in einem ekelhaft heißen und abstoßendem LA. Begegnen nur gestressten, alkoholabhängigen, unfreundlichen und dummen Hollywood-Menschen. Finks persönliches Empfinden und seine Hollywood-Abneigung wird uns ohne Umschweife auf dem Silbertablett präsentiert. Das Hotel, das Zimmer, die Tapete die sich wegen der Hitze schon von den Wänden löst. Diese Stilelemente tragen sehr zum typischen Coen-Erlebnis bei. Der Humor bleibt dieses Mal fast aus. Er ist da, er ist auch wieder schwarz, aber er ist auf ein Minimum reduziert. Barton Fink ist NICHT in jeder Hinsicht ein typischer Coen-Film. Er tanzt etwas aus der Reihe, was nicht unbedingt schlecht ist. Für mich allerdings der Film, der mich am wenigsten überzeugen konnte. Versteht mich nicht falsch, es ist ein wunderbarer Film, der eine sensationelle Geschichte erzählt und auch sehr viel Tiefe besitzt. Meine Augen und Ohren und sogar die filmverliebte Seele waren damit sehr zufrieden, nur leider nicht das Herz … dem hat das vertraute Zuhause-Gefühl gefehlt.

Typisch?

Wie schon erwähnt. Teilweise schon aber nicht in jeder Hinsicht.

1. Die wahre Geschichte: Ähnlich wie bei Inside Llewin Davis sind Personen im Film realen Personen nachempfunden, auch optisch. So bestehen Ähnlichkeiten zwischen dem Bühnen- und Drehbuchautor Clifford Odets und Barton Fink oder dem Schriftsteller und Nobelpreisträger William Faulkner und W. P. Mayhew. Ebenfalls gibt es Parallelen bei Film-Mogul Jack Lipnick und dem ebenfalls aus Weißrussland stammenden Louis B. Mayer.

2. Die Charaktere waren wiederum sehr Coeh-Typisch, außer dass ich zu Barton Fink sehr viel weniger Verbundenheit gefühlt habe, als zu Llewyn Davis, Larry Gopnik (A Serious Man), Jerry Lundegaard (Fargo) oder zu Everett (O Brother, Where Art Thou?). Und gerade Fink in den ich mich Beruflich am ehesten hineinversetzen können sollte, hat mich nicht so richtig gefangen. Aber nicht so schlimm. Geht nicht immer so wie man es gerne möchte. John Turturro ist trotzdem ein fabelhafter und sehr überzeugender Barton Fink.

3. Die schöne schwarz gefärbte Coen’sche Situationskomik war hier, wie schon erwähnt, sehr viel weniger vorhanden, als in allen bisher gesehenen Werkschau-Filmen. Schade irgendwie, aber auch das möchte ich nicht kritisieren, denn vermutlich hätte es gar nicht zum Film gepasst … oder Ethan und Joel waren einfach nicht in Stimmung als sie das Drehbuch geschrieben haben.

Barton Fink ist gut wie er ist, nur mein Herz schlägt eben ein bisschen weniger stark dafür, und das auch nur im Vergleich zu den 4 anderen ein Fünkchen grandioseren Coen-Kunstwerken. 

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Erscheinungsdatum: 21. August 1991 (Vereinigte Staaten)
Regisseure: Joel Coen, Ethan Coen
Musik von: Carter Burwell
Drehbuch: Joel Coen, Ethan Coen
Länge: 116 Minuten
Altersfreigabe: FSK 16

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12 Gedanken zu “Werkschau 2014 – BARTON FINK (1991)

  1. „Die schöne schwarz gefärbte Coen’sche Situationskomik war hier, wie schon erwähnt, sehr viel weniger vorhanden, als in allen bisher gesehenen Werkschau-Filmen.“
    Oh. Aus Gründen. Und zwar war Barton Fink nämlich bisher mein Hoffnungsschimmer und mein Antrieb, es noch mal mit anderen Coen Filmen zu versuchen, nachdem mich der Big Lebowski, den ich in mehrfachen Versuchen nie mochte, einfach nicht ergreifen konnte. Dennoch, selbst dem Dude werde ich nochmal eine Chance geben, für einen 5er und inzwischen mehrere Frauen, denen ich das schuldig geworden bin. Und außerdem war es ja vielleicht doch die bekackte Synchro, denn bisher habe ich den O-Ton nicht erleben dürfen.
    Ferner liegen hier noch No Country for Old Man, Burn after Reading und True Grit rum – ich werde also auch so etwas wie eine Miniaturwerkschau betreiben. Irgendwann.

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    1. Ich finde Lebowski ist auch nicht unbedingt der Vorzeige-Coen Film. Denn es gibt sehr oft den umgekehrten Fall, dass der sehr geliebt wird, der Rest der Coen-Filme aber nicht. Somit habe ich schon Hoffnung, dass du die Brüder mögen könntest. 😉 Ich empfehle natürlich „Fargo“, falls du den nicht kennst und auch ihr neuester „Inside Llewin Davis“ für die Miniaturwerkschau. Auf „No Country for Old Man“ bin ich selbst schon sehr gespannt, schließlich ist das ihr Abräumer.

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      1. Hab mir heute Morgen Fargo angesehen. Der ist wirklich toll. Frag mich, warum der vorher bei mir so untergegangen ist. Ich will aber gar nicht wissen, ob der auf Deutsch funktionieren kann. Bei den sprachlichen Eigenheiten kann ich mir nur den O-Ton vorstellen.
        Das habe ich letztens mit Lebowski auch nachgeholt. Der funktioniert auf Englisch wirklich besser, aber es ändert ansonsten nichts daran, daß ich Figur und Ideen nicht wirklich gut finde. Zumindest photographisch sind mir noch ein paar mehr Vorzüge bewußt geworden.

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      2. Freut mich dass er dir gefallen hat. 🙂 Die Deutsche Synchro von Fargo ist fast schon Kult irgendwie. Ich finde ihn nicht schlecht gelöst. Aber wenn man die Möglichkeiten hat O-Ton zu schauen und sich beim Verstehen nicht schwer tut (was ja bei englischen Filmen kaum mehr Thema ist), braucht man sich über die Deutsche Synchro ja nicht verkopfen. Ich hab die Werkschau-Sichtung von Big Lebowski auch noch vor mir. Bin gespannt was ich nach so vielen Jahren noch davon halte. 😉

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  2. Kann dir da in allen Punkten nur zustimmen. Habe den vor ein paar Monaten zum ersten Mal gesehen. Fand ihn zwar gut, aber mir fehlte da auch etwas. War wohl einfach die Erwartungshaltung, die man an einen Coen hat.

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    1. Zustimmung mag ich immer gerne. 🙂 BARTON FINK ist natürlich einer ihrer frühesten Werke, da hatten sie vielleicht dieses spezielle etwas noch nicht gefunden was die späteren Filme ausmacht. Ich bin schon gespannt was da noch kommt und wie groß die Unterschiede zwischen den Filmen noch werden.

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      1. Zumindest ziehen sie ihr eigenes Ding durch, was schon mal prinzipiell gut ist. Dabei kommt natürlich nicht immer ein Klassiker raus, aber enttäuscht haben sie bisher nie.

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  3. Barton Fink hab ich nicht gesehen, aber wie gesagt, bei mir sind die Coens eher so Hit & Miss. Ich geb mal meinen Stand mit denen zum besten:
    Blood Simple (sehr sehr gut)
    Fargo (gut)
    The Big Lebowski (beschissen)
    Paris je t’aime, Segment „Tuileries“ (ich glaub war ganz ok)
    No Country for Old Men (beschissen)
    Burn After Reading (gut)

    Das wars eigentlich. Bin kein großer Fan 😀

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    1. Ja ich weiß. Man kann ja nicht alles mögen. 😉

      Ich bin schon gespannt auf Blood Simple und No Country for Old Men. Eventuell fällt mein Urteil genau umgekehrt aus … wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass ich keinen der Coen-Filme „beschissen“ finden werde. 🙂

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      1. „Blood Simple“ ist richtig geil. Der einzige bisher, der mich richtig vom Hocker gehauen hat.

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  4. „Barton Fink“ ist einer meiner Lieblings-Coens. Weil ich die Handlung so unglaublich reich an Interpretationsmöglichkeiten finde und der Film zugleich eine ziemlich bissige Satire auf das Showbiz ist. So zumindest mein damaliger Eindruck. Ich war zudem von der bedrückenden Atmosphäre im schäbigen Hotelzimmer sehr beeindruckt.

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    1. Alles wahr was du schreibst. Habe ich durchaus auch so empfunden. Er hat bloß leider mein Herz nicht erreicht, aber das muss ja auch nicht immer sein. 😉

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